Dein Hund jagt?

Du bist am Waldrand oder im Park unterwegs und dein Hund lässt dich plötzlich alleine am Weg stehen? Wie kannst du ihm das abgewöhnen?

JAGDVERHALTEN BEI FAMILIENHUNDEN

Erstes Jagdverhalten zeigt sich bei Hunden in der Junghunde-Phase ab dem 5. Monat und wird ab dem 12. Monat zu ersthaftem Jagdverhalten ausgebaut. Es kann sich dabei um echtes Jagdverhalten – z.B. dem Verfolgen einer echten Wildspur – oder um sog. Pseudo-Jagdverhalten – dem Jagen von schnellen Objekten (Bälle, Radfahrer) oder Personen (Jogger) – handeln.

Wichtig ist zu verstehen, daß alle Hunderassen aus ihrem genetischen Ursprung heraus Jagdverhalten zeigen können. Die Intensität ist sehr unterschiedlich und je nach Genetik, bzw. Rasse, stärker oder schwächer ausgeprägt.

Gibt es Hunde ohne Jagdtrieb?

Durch züchterische Selektion haben manche Rassen weniger Jagdtrieb, man sollte sich aber nicht darauf verlassen. Z.B. wurde bei Begleithunderassen der Jagdtrieb überwiegend „herausgezüchtet“. Und trotzdem kann es sein, daß z.B. ein Havaneser einen starken, für seine Rasse untypischen Jagdtrieb in Bezug auf Wildspuren zeigt. Der Havaneser liegt von der ursprünglichen Genetik dicht am Pudel, einem ursrpünglichen Wasserjagdhund. Gleichzeitig gibt es Jack Russel Terrier, die gar keinen Jagdtrieb zeigen, sich nicht von ihrem Menschen entfernen, und sich eher wie ein typischer „Begleithund “ verhalten. Daher kommt dann der lustige Satz „der Hund hat seine Rassebeschreibung wohl nicht gelesen..:“

Auch beliebte Familienhunderassen, wie die Gruppe der Retriever, zeigen unterschiedlich starkes Jagdverhalten. Zwar sind viele Labradore oder Goldies heute leider zu schwer und zu kompakt um sportliches Jagdverhalten zu zeigen, aber je nach Zuchtlinie können auch diese Hunde ausgeprägtes Jagdverhalten zeigen.

Wie trainiere ich Jagdverhalten ab?

Beim Training geht es primär darum, das bestehende Jagdverhalten kontrollieren zu können. Ein völliges Abgewöhnen wird nicht möglich sein, dafür sind die Gene zu stark.

Nun gibt es aus dem klassischen Hundetraining heraus den Ansatz, dem Hund das Jagen zu verbieten, ihn zu korrigieren oder zu bestrafen, sobald er Jagdverhalten zeigt. Früher hat man mit extremen Schmerzreizen* gearbeitet, um dem Hund das unkontrollierte Jagen abzugewöhnen. Also quasi Schmerz über Genetik.

(* was heute nach dem geltenden Tierschutzgesetz verboten ist)

Bei manchen Hunden hat das funktioniert. Andere sind dann trotz „Verbot“ plötzlich der Wildspur gefolgt. Wie ist das zu erklären?

Jagdverhalten Verstehen

Zunächst ist es wichtig das Jagdverhalten zu verstehen. Dazu betrachtet man die Verhaltenskette der einzelnen Jagdsequenzen. Das Jagen besteht aus folgenden Sequenzen („Bausteinen“), die eine Verhaltenskette bilden:

  • suchen
  • orten
  • fixieren
  • anpirschen
  • hetzen
  • stellen
  • packen
  • schütteln
  • reissen
  • wegtragen
  • fressen

Wenn der Mensch nun bemerkt, daß sein Hund bereits in der Sequenz „fixieren“ ist, und dann dem Hund das „fixieren“ verbietet oder es bestraft, lernt der Hund, daß „fixieren“ nicht erlaubt ist.

Es kann dann passieren, daß der Hund in der Verhaltenskette künftig das „fixieren“ unterlässt, es ÜBERSPRINGT, und direkt die Abkürzung vom „orten“ zum „hetzen“ nimmt. Dann ist es für den Menschen sehr schwer das Jagen frühzeitig zu bemerken. Der Hund ist dann schnell mal weg.

Wie sieht Anti-Jagdtraining heute aus?

Das Anti-Jagdtraining besteht nicht nur aus 1 Maßnahme. Es ist ein Gesamtpaket an Training und Maßnahmen über Wochen, mit dem Ziel unkontrolliertes Jagen zu verhindern, und gleichzeitig artgerechte Ersatzbeschäftigungen für den Hund zu finden, die sein arttypisches Bedürfnis befriedigen.

Beim Anti-Jagdtraining wird der Mensch idealerweise über Videoanalysen darin geschult, die Jagdsequenzen bei seinem individuellen Hund anhand der Körpersprache lesen zu lernen. Ein wichtiger Teil des Trainings besteht dann darin, die Sequenz VOR dem Entfernen des Hundes über einen Marker hochwertig zu belohnen. So findet eine Umorientierung zum Menschen statt, die der Hund positiv verknüpft. Im Moment der Belohnung werden Glückshormone beim Hund ausgeschüttet und er verzichtet auf die weiteren Elemente in der Verhaltenskette. – Die Belohnungen sind nicht unbedingt Futter-basiert.

Zusätzlich hat der Grundgehorsam eine sehr große Bedeutung im Training.

Welche artgerechten Ersatzbeschäftigungen gibt es?

Hier kommt es ganz darauf an, welche Sequenzen aus der Jagd-Verhaltenskette bei dem jeweiligen Hund rassebedingt überbetont sind. Die verschiedenen Jagdhundetypen wurden daraufhin selektiert, bestimmte Sequenzen besonders intensiv zu zeigen.

Beispiel zum Retriever:

  • bei Retriever Rassen ist das Suchen und Packen überbetont
  • als Ersatzbeschäftigung eignet sich das Dummy Training
  • das Dummy Training ist kein reines Apportiertraining, sondern fördert alle Sinne des Hundes: Nase, Auge, Kooperation
  • der Vorteil einer Ersatzbeschäftigung wie Dummy Training liegt darin, daß der Hund eine hohe Selbstbelohnung durch das Finden des Dummies erfährt, d.h. er darf kontrolliert jagen gehen

Für Rassen, bei denen z.B. das Suchen überbetont ist (z.B. Spaniel) ist Flächensuche eine sinnvolle Ersatzbeschäftigung. Rassen bei denen das Hetzen überbetont ist (z.B. Windhunde und Mixe), finden ihre Erfüllung vielleicht im Zughunde-Sport, usw.

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